Der Aufstieg des Giacomo
Ein Sportler-Portrait über Jakob Herrmann

Jakob Herrmann gehört zu Österreichs erfolgreichsten Skibergsteigern, er ist ein begnadeter Trailrunner und seit 2021 Markenbotschafter des Omni-Channel-Sportfachmarkt Hervis Sports. Was motiviert den ÖSV-Skibergsteiger zu seinen Höchstleistungen, wie hat er das Corona-Jahr 2020 erlebt und wohin geht die Reise? Ein Portrait über einen sympathischen Sportler mit Hang zum Kaiserschmarrn.
„Lebe deinen Traum!“ Wäre das Leben von Jakob Herrmann ein Buch, würde es genau diesen Titel tragen. Der sympathische Werfenwenger, aufgrund seiner Vorliebe zur italienischen Mentalität von allen „Giacomo“ genannt, lebt seine Leidenschaft: das Skibergsteigen. „Ich mache genau das, was mich am glücklichsten macht. Dafür brauche ich auch kein spezielles Training oder spezielle Geräte in einem Fitnessstudio“, sagt er. Und seine Erfolge geben ihm Recht: Podestplätze im Weltcup der Skibergsteiger, 1. Platz mit Streckenrekord bei der Hervis Mountain Attack 2022, 1. Platz bei der Hervis Mountain Attavck 2022, österreichischer Meister Individual 2020 und 2021 sowie ein Sieg beim Adamello Ski Raid 2021, einem Rennen der traditionsreichen La-Grande-Course-Serie – das alles steht mittlerweile neben vielen weiteren Topplatzierungen auf Jakob Herrmanns sportlicher Visitenkarte. 2018 verpasst er nur haarscharf den Sieg bei der Pierra Menta, bei der er im 2er-Team mit dem spanischen Star Kilian Jornet antritt. Das viertätige Rennen in der Region Savoyen gilt als die „Tour de France“ des Skitourensports. Nur noch 150 Höhenmeter trennen die beiden damals vom Sieg, doch ein Sturz Jornets und (wie sich herausstellt) ein Wadenbeinbruch lassen den Traum leider platzen. Sein Ziel, einmal offiziell die Pierra Menta zu gewinnen, hat der 34-Jährige, der längst zu Österreichs erfolgreichsten Skibergsteigern gehört, aber auch heute noch fest im Blick.

Die Leidenschaft als Motor
Was ist es eigentlich, das Jakob Herrmann beim Skibergsteigen antreibt? „Leidenschaft“, erklärt er in einem Wort. Und diese Leidenschaft und die Liebe zum Sport hat der gebürtige Wiener, der seit 30 Jahren in Werfenweng (S) lebt, von seinen Eltern mitbekommen. Bereits mit dreieinhalb stand er auf Skiern. Die Begeisterung für das Skitourengehen kam quasi über Nacht: Mit zwölf Jahren nimmt er an einer Vollmondskitour teil. Seitdem hat ihn diese Sportart nicht mehr losgelassen. Dennoch ging es für den jungen Herrmann als Schüler der Skitourismusschule Bad Hofgastein kurz in Richtung alpiner Skirennlauf – „aber ich hab‘ mich damals schon lieber dort bewegt, wo kein Lift war“. Mit 14 Jahren schaffte er es sogar zum damals jüngsten Österreicher mit Paragleitlizenz. Der Papa war an dieser Entwicklung nicht ganz „unschuldig“, war dieser doch immer schon begeisterter Paragleiter.
Sein erstes Skitourenrennen bestritt Herrmann im salzburgerischen Saalbach: Bei der Mountain Attack sicherte er sich gleich den dritten Platz. Als erster Österreicher darf er sich bereits zwei Weltcup-Podestplätze an die Fahne heften. So richtig wohl fühlt er sich aber bei den Grande-Course-Rennen, die seiner Meinung nach alle Kriterien eines perfekten Wettkampfs erfüllen: lang, alpin, gespickt mit aufregenden Trage- und Anseil-Passagen und ein ständiger Wechsel aus Bergauf- und Bergab-Abschnitten.
2018 lässt sich Herrmann von seinem Beruf als NMS-Lehrer (Fächer: Ernährung, Mathematik, Sport) karenzieren und wird Berufssportler beim Österreichischen Bundesheer. Beruflicher Status quo: Profi-Skibergsteiger! Als solcher war auch er – wie wir alle – mit einem herausfordernden Corona-Jahr 2020 konfrontiert. Wenngleich sich für Herrmann die coronabedingten „Einschnitte“ nicht ganz so dramatisch angefühlt haben: „Für mich hat sich nicht viel geändert, außer dass ich weniger Wettkämpfe hatte. Ich konnte ganz normal weitertrainieren und hatte alle Freiheiten, da ich in meinem Heimatort Werfenweng die besten Trainingsverhältnisse habe. 2020 wurde ab März alles abgesagt, also eigentlich meine Rennen – Long Distance usw. Hier wäre der Plan gewesen, dass ich mit Kilian Jornet noch einmal die Pierra Menta und die Tour du Rutor mache. Der Winter 20/21 hat dann den Umständen entsprechend normal stattgefunden und auch der Weltcup wurde veranstaltet. Nur die größeren Rennen, die nicht zum Weltcup gehören, wie die Mountain Attack oder die Sella Ronda wurden leider abgesagt.“ Herrmann konnte dem pandemiegebeutelten 2020 aber sogar noch etwas Positives abgewinnen: „Ich hatte viel Zeit mit meiner Verlobten!“

Aus dem Urlaub auf den Trail
Und mit seiner mittlerweile Ehefrau genießt er auch am Tag nach einem Wettkampf gerne mal ein ausgedehntes, gutes Frühstück. Danach geht’s auf zu einer gemeinsamen Skitour. Neben dem Skitourengehen teilen die beiden eine weitere Leidenschaft: das Trailrunning. Auch in dieser Sportart kann „Giacomo“ inzwischen mehr als nur einen Erfolg vorweisen: österreichischer Meister Speedtrail 2020 und 2021, österreichischer Meister Skyrace 2019 und 2021, 3. Platz beim World Series Skyrace beim Kaiserkronetrail und ein Sieg beim Monte Rosa Skyrace. Die Liste ließe sich wie beim Skibergsteigen noch fortsetzen. Wie kam’s zu dem Match „Herrmann / Querfeldeinlaufen“? „Ich bin immer schon gerne gelaufen, nur eben keine Wettkämpfe“, erzählt er. „In meinem Urlaub 2019 auf Korsika hat mich mein italienischer Freund angerufen und gemeint, er suche einen Teamkollegen für ein Skyrace. Bei diesem müsse man im 2er-Team starten, es geht über einen Gletscher und bis auf 4.500 Meter rauf – am Seil. Ich war voll im Urlaubsmodus, überhaupt nicht in Form, aber ich wollte es machen. Eine Woche später hab‘ ich dann das Rennen mit William Boffelli gewonnen! Seitdem laufe ich immer wieder mal wo mit, ohne spezielle Vorbereitung, einfach nur nach Lust und Laune. Ich suche mir einfach schöne Rennen raus.“ Dieser Trigger-Moment 2019 blieb auch nicht ohne Folgen: Seit diesem Jahr ist Herrmann nämlich auch Mitglied im österreichischen Nationalteam Skyrunning. Heuer dann der nächste Coup: Der österreichische Sporthandelsriese Hervis nimmt den 34-Jährigen in die Riege seiner Markenbotschafter auf.
Ein Blick in die Zukunft
Auf die Frage, was er sportlich noch so alles vor hat, macht der Profi-Skibergsteiger eine klare Ansage: „Ziel ist es noch immer, einmal offiziell die Pierra Menta zu gewinnen! Und im Weltcup würde ich gerne einmal bei einem Individual ganz oben am Podest stehen.“ Der Sommer macht Herrmann in letzter Zeit aber auch immer mehr Spaß. „Hier gefallen mir speziell die Langdistanzen. Ich bin schon gespannt, was ich mir da finden werde“, verrät er mit einem Zwinkern. „Ich habe da ein paar Rennen wie den Marathon du Mont Blanc oder den CCC-Ultra-Trail im Kopf.“ Und hat der unermüdliche Herrmann auch die Olympischen Winterspiele 2026 im Kopf, bei denen das Skibergsteigen nun erstmalig zum Programm gehört? „Das kommt darauf an, welche Distanzen es dann wirklich geben wird. Da ich kein Sprinter bin, fallen schon mal zwei Disziplinen weg. Ich kann also nur hoffen, dass der Individual-Bewerb so bleibt, wie dieser gerade im Weltcup ausgetragen wird – dann schaut es sehr gut aus für mich.“
Nach seiner aktiven Karriere möchte Herrmann übrigens wieder in die NMS zurückgehen und unterrichten. „Oder ich werde Hüttenwirt“, lacht er. Als Fan von süßen Klassikern der österreichischen Küche würde der Job passen. „Kaiserschmarrn, Mohnnudeln, Buchteln und Topfenknödel sind mein Ding!“ Außerdem könnte Herrmann dann einer weiteren seiner Herzensangelegenheiten frönen, dem Kochen und Backen.
Steckbrief – Jakob Herrmann
- Geburtsdatum: 07.1987
- Wohnort: Werfenweng (Salzburg)
- Größe/Gewicht: 185cm/63kg
- Spitzname: Giacomo
- Sportart: Skibergsteigen und Trailrunning
- Profi seit: 2018
- Familienstand: seit 9.9.2021 verheiratet
- Lieblingsessen: Pikant (italienische Küche), süße Hauptspeisen (österreichische Küche: Kaiserschmarrn, Mohnnudeln, Buchteln, Topfenknödel)
- Hobbys (neben Skibergsteigen und Trailrunning): Kochen und Backen
- Das bringt mich so richtig auf die Palme: schlechtes Essen (und wenn ich dafür noch bezahlen muss)